Die Donnersöhne

St. Petrigemeinde ZwickauPredigten

Sexagesimä, St. Petri 2022

Liebe Freunde in Christus!

Habt ihr schon einmal die wahre Geschichte von einer Kirchenschlägerei gehört, bei der 40 Menschen ums Leben kamen? Im Jahr 1846 stritten sich katholische Priester und Mönche mit orthodoxen Prälaten und Geistlichen darüber, wer am Ostersonntag als erstes Gottesdienst in der Jerusalemer Grabeskirche halten durfte. Beide Parteien hatten zuvor Ansprüche geltend gemacht. Allerdings ließ sich keine Einigung erzielen. Das machte die Geistlichen so wütend, dass sie eine Schlägerei anzettelten. Heilige Männer entschieden sich dafür, sehr unheilige Dinge zu tun. Katholische Priester nahmen Kerzenständer der Kirche und schlugen sie ihren Glaubensbrüdern ins Gesicht. Andere griffen nach Kreuzen vom Altar und zogen sie ihren Mitchristen über den Kopf. Gehirnerschütterungen waren die Folge. Manche von ihnen starben. Einige Geistliche hatten unter ihren Gewändern sogar Waffen in die Kirche geschmuggelt und feuerten damit in den wütenden Mob. Als schließlich die örtlichen Ordnungskräfte eintrafen, lagen 40 Geistliche tot am Boden.

Heute wollen wir über das Thema „Zorn“ nachdenken. Denn Zorn ist eine Emotion, die nicht nur in nahöstlichen Konflikten ausbrechen kann. Er verschafft sich auch unter denen Raum, die sich selbst als Nachfolger Jesu bezeichnen. Zorn kann es auch unter uns geben.

Dabei ist Zorn ein heikles Thema: Denn er ist nicht notwendigerweise und ausschließlich etwas schlechtes. In der Heiligen Schrift lesen wir oft vom Zorn Gottes. Denken wir beispielsweise an Jesus, als dieser im Tempel die Tische der Geldwechsler umstieß und die Händler vertrieb. Es gibt Zeiten, wo ein gerechter, heiliger Zorn dem Charakter Gottes entspricht.

Aber wahrscheinlich muss ich es nicht erwähnen: Zorn und Wut können sehr schnell sehr unschön werden – alles andere als heilig. In dieser Welt, in unseren Familien oder in der Kirche kann sich Zorn zur falschen Zeit und im falschen Ausmaß regen und sich gegen die falschen Leute richten. Zorn verursacht daher echten Schaden in unserem Leben.

Zwei Gründe kann man dafür ausmachen. Erstens: Sündige Menschen neigen dazu, schnell zornig zu werden. Die Heilige Schrift sagt, dass Gott langsam zum Zorn ist (vgl. 2 Mose 35,6). Aber Menschen? Denkt an zwei Geschwister, die nebeneinander auf der Rückbank des Autos sitzen. Es ist ein schöner Tag in den Ferien. Die Sonne scheint und die Familie will ein Eis essen. Aber dann überschreitet eines der Kinder die unsichtbare Linie auf dem Rücksitz, die beide zuvor vereinbart haben. Und wie aus dem Nichts gibt es Streit und Geschrei. Der Vater am Steuer wird daraufhin ebenfalls wütend. Innerhalb weniger Sekunden läuft die Sache vollkommen aus dem Ruder. Und das geht ja nicht nur Kindern so: Eine Textnachricht, ein Brief, eine Schlagzeile, ein falsches Wort können dazu führen, dass wir zornig und wütend werden. Denn – anders als Gott – neigen sündige Menschen dazu, schnell zornig zu werden.

Zweitens: Zorn zerstört Segnungen. Gott kann uns mit so vielen guten Dinge im Leben segnen. Werden wir allerdings wütend, denken wir nicht mehr an sie sondern nur noch an die Wut. Man kann das schönste Familienessen haben, genug Geld auf dem Bankkonto oder die Hoffnung auf das ewige Leben: Explodiert nur eine Person am Tisch vor Wut, denkt niemand mehr an das leckere Essen, die Ersparnisse, die Gesundheit, die Vergebung oder die Erlösung. Zorn zerstört Segnungen. Und er verletzt die Menschen in unserem Umfeld. Vielleicht wird man wütend wegen einer Nachricht des Chefs – aber wer bekommt die Wut ab? Vielleicht die Kinder, vielleicht der Ehepartner. Die Bibel sagt (Jak 1,20):

Des Menschen Zorn tut nicht, was vor Gott recht ist.

Zorn bringt nicht das Leben hervor, dass Gott für uns möchte. Er will nicht, dass Menschen verletzt, angeschrieen oder missbraucht werden – wegen Wut. Erst recht nicht die Menschen, die uns nahestehen.

Auch unter Jesu Jüngern gab es mindestens zwei Männer, die ein ernsthaftes Problem mit Zorn hatten. Sie gehörten zum innersten Kreis der Drei und waren durch Zorn und Wut so sehr versucht, dass Jesus ihnen einen Spitznamen gab: Donnersöhne. Donnersöhne! Wir wissen, was passiert, wenn es draußen donnert. Menschen schrecken auf und bekommen es mit der Angst zu tun. Haustiere verstecken sich unter Tisch oder Bett. Bringen zornige Menschen Donner in das Leben anderer, so schreckt es diese ebenso auf, lässt diese wegrennen oder sich verstecken. Was also wird Jesus mit den beiden Brüdern Johannes und Jakobus tun, die er Donnersöhne genannt hatte? Wie wird er mit ihrer Wut umgehen, damit ihr Verhalten nicht den Segen zunichte macht, den er einer ganzen Welt bringen will?

Unser Predigttext stammt heute Morgen aus dem Lukasevangelium, Kapitel 8, und wir beginnen bei Vers 51. Dort heißt es:

Es begab sich aber, als die Zeit erfüllt war, dass er hinweggenommen werden sollte, da wandte er sein Angesicht, stracks nach Jerusalem zu wandern. Und er sandte Boten vor sich her; die gingen hin und kamen in ein Dorf der Samariter, ihm Herberge zu bereiten.

Vers 51 ist ein Schlüsselvers des Lukasevangeliums. Jesus war längere Zeit umhergezogen, hatte gepredigt und viele Wunder getan. Aber nun wandte er sein Angesicht Richtung Jerusalem und damit hin zu unserer Erlösung, hin zum Kreuz, an dem er für die Sünden einer ganzen Welt sterben würde. Auf seinem Weg dorthin wollte der Heiland allerdings so viele Menschen wie möglich das Evangelium lehren. Statt also einfach in ein Dorf zu gehen und dort mit zwei oder drei Menschen zu reden, sandte er Boten vor sich her. Deren Aufgabe bestand darin, die Menschen zusammenzurufen. So sollten sich größere Mengen bilden, vor denen Jesus vom Reich Gottes erzählen konnte.

In unserem Text kommt es allerdings anders. Die von Jesus ausgesandten Boten erreichten ein Dorf der Samariter. Das ist schon für sich genommen eine Auffälligkeit. Erinnern wir uns: Knapp 1.000 Jahre vor dieser Begebenheit war es zur Reichsteilung gekommen. Seit dieser Zeit gab es zwei voneinander getrennte Gebiete: Im Süden lag Juda mit seiner Hauptstadt Jerusalem. Das Nordreich hatte Samaria zur Hauptstadt. In Samaria liefen die Dinge allerdings nicht so gut. Reihenweise wurde das erste Gebot gebrochen. Die Einwohner Samarias stellten goldenen Kälbern auf, statt nach Jerusalem zu gehen, um im Tempel den wahren Gott anzubeten. 200 Jahre ging das so. Und Gott blieb nicht untätig: Er sandte Propheten wie Elia und Elisa zu ihnen. Gott zeigte damit, dass er langsam zum Zorn ist. Er wartete und reichte dem Nordreich wieder und wieder die Hand. Die Samariter allerdings schlugen die Hand Gottes aus und blieben dabei, Baal, Aschera und andere falsche Götter anzubeten.

Nach 200 Jahren der Geduld kam schließlich das Gericht Gottes. Der Herr erlaubte dem assyrischen Reich den Einmarsch. In einem kurzen aber heftigen Krieg wurde das Nordreich erobert und die Israeliten ins Exil verbracht. Gleichzeitig siedelten die Assyrer ihre eigenen Leute im Gebiet des Nordreiches an. Von da aus wurde alles noch schlimmer: Die Assyrer brachten ihre Götzen mit. Sturm- und Fruchtbarkeitsgötter. Manche von ihnen verlangten Kinderopfer, um besänftigt zu werden. Das war Samaria. Und es wurde nicht besser. In den Tagen Jesu war der Durchschnittsjude daher so angewidert vom Glauben und Verhalten der Samariter, dass er nichts mit ihnen zu tun haben wollte. Er sprach nicht mit ihnen. Er setzte seinen Fuß nicht in eines ihrer Dörfer. Mussten Juden vom nördlich gelegenen Galiläa ins südliche Juda, durchreisten sie niemals durch das Gebiet der Samariter, auch wenn das einen gewaltigen Umweg bedeutete.

Ein Jude war allerdings anders, sein Name Jesus.

Und Jesus sandte Boten vor sich her; die gingen hin und kamen in ein Dorf der Samariter, ihm Herberge zu bereiten.

Natürlich war Jesus mit dem Glauben der Samariter nicht einverstanden. Schließlich war er sündig und falsch. Und doch wollte Jesus den Samaritern die Möglichkeit geben, die Wahrheit zu hören, wegen ihrer Sünde Buße zu tun und allein aus Gnade gerettet zu werden.

Doch die Samariter sagten „Nein“. Im nächsten Vers heißt es:

Und die Samariter nahmen Jesus nicht auf, weil er sein Angesicht gewandt hatte, nach Jerusalem zu wandern.

„Oh“, so dachten sie vielleicht, „noch ein Jude auf dem Weg nach Jerusalem, der uns sagen will, dass auch wir auch dorthin müssen; dass Samaria nicht gut genug wäre; dass unsere Religion falsch und die der Juden richtig sei. Nein danke, wir wollen damit nichts zu tun haben!“ Und so verschlossen sie ihre Türen und nahmen Jesus nicht auf.

Als die Donnersöhne von der Reaktion der Samariter hörten, wurden sie stinksauer: „Ihr Samariter! Seit tausend Jahren verneigt ihr euch vor dämonischen Göttern, opfert ihnen eure Babys und entehrt den Namen Gottes! Dennoch ist Gott nun buchstäblich hier! Und er gibt euch die Möglichkeit, sein Wort zu hören und ihr sagt ‚Nein‘?! Würde Gott euch tausend Kilometer laufen lassen, um nur den Hauch einer Chance auf Vergebung zu bekommen, ihr müsstet euch glücklich schätzen. Aber der wahre Gott kam vom Himmel zu uns auf die Erde. Er kommt sogar zu euch, in euer Dorf! Er ist barmherzig und geduldig. Aber ihr?! Ihr seid so sündig, so satanisch beeinflusst, so verblendet, dass ihr den Sohn Gottes nicht willkommen heißt, der euch niederträchtigen Sündern Gnade bringen will!?“ Die Donnersöhne waren voller Zorn wegen der mangelnden Gastfreundschaft der starrköpfigen Samariter.

In ihrem Zorn wollten sie buchstäblich Donner über die Bewohner des Dorfes bringen. Vers 54:

Als aber das seine Jünger Jakobus und Johannes sahen, sprachen sie: Herr, willst du, so wollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel falle und sie verzehre.

„Komm schon, Jesus. Lass es uns tun. Wir nennen es Sodom und Gomorrha – Teil 2. Regie: die Donnersöhne. Jesus, du hast ihnen doch die Möglichkeit gegeben. Sie hatten ihre Chance. Feuer ist daher das, was sie verdient haben!“

Im Alten Testament war es der Prophet Elia, der im Samarien Feuer vom Himmel herabrief – und zwar als er wegen König Ahab in großer Gefahr war. Auf diese Begebenheit besinnen sich Johannes und Jakobus hier vermutlich. Obwohl sie überhaupt nicht in Gefahr waren, wollten sie das Gleiche tun: „Lass sie uns abfackeln! Zahlen wir es den Samaritern heim!“

Aber habt ihr das kleine Wort in unserem Text bemerkt?

Herr, willst du, so wollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel falle und sie verzehre.

Es war nicht so, dass Johannes und Jakobus ihren Heiland wütend oder zornig gesehen hätten. Nein, Jesus war sicher enttäuscht. Wütend war er aber nicht. Die Donnersöhne machten die Angelegenheit also zu ihrer Sache. Sie fühlten sich zurückgewiesen. Sie fühlten sich beleidigt. Sie wurden daher wütend. Sie! Und das ist auch für uns eine gute Anwendung: Wut und Zorn haben häufig mit unserem Ego zu tun. Der Zorn der Donnersöhne war keine Nachahmung von Jesu Gerechtigkeit. Es war schlicht ihr Ego, welches angekratzt war.

Und so ist es auch bei uns häufig. Menschen werden wütend, wenn sie nicht das bekommen, was sie wollen; wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie sollen. In 99 Prozent der Fälle geht es nicht um Gerechtigkeit, nicht um richtig oder falsch. Es geht um die einfache Tatsache, dass andere nicht so reden und handeln, wie man es selbst gern gehabt hätte. Warum werden kleine Kinder so schnell so zornig? Weil sie nicht bekommen, was sie wollen. Warum rastet ein Teenager gegenüber seiner Mutter aus? Weil sie nicht das sagt, was er hören will. Warum nehmen Priester Kerzenständer und Kreuze in die Hand und bringen sich gegenseitig um? Weil sie nicht das bekommen haben, was sie wollten.

Und so ist es auch mit uns. Wir sagen zwar gern: „Nun ja, es liegt daran, dass sie dieses Chaos im Haus hinterlassen hat; oder daran, dass du mit den Augen gerollt hast; oder es liegt an diesen dummen Leuten, die die Entscheidungen in der Pandemie treffen; oder an dem Typen, der mir den Weg abgeschnitten hat!“ Aber wäre dem wirklich so, was würde passieren? Jeder Mensch müsste permanent wütend sein.

Der Grund, warum wir oft genug derjenige sind, der am Esstisch schreit oder eine Szene macht, liegt meist nicht am Verhalten oder Reden anderer. Ganz oft hat es mit uns selbst zu tun. Denn sündige Menschen sündigen nicht einfach nur. Sie versuchen, ihre Sünde auf andere zu schieben. Und so haben wir diese halbherzigen Entschuldigungen: „Ja, ich hätte meine Stimme nicht erheben sollen. Ich weiß, ich weiß. Ich habe mich ein wenig aufgeregt. ABER…“ Nein, kein aber. Werden wir zornig, sind wir oft selbst der Grund.

Denkt beispielsweise, wie egoistisch das Folgende ist: Jemand schneidet einen beim Überholen im Straßenverkehr. Man muss auf die Bremse steigen: „Du hast mich drei Sekunden meines Tages gekostet! Drei Sekunden! Weißt du, wie wichtig ich bin? Drei Sekunden.“ Und so schreit man und verflucht man einen Fremden wegen drei Sekunden! „Was glaube ich, wer ich bin?!“ „Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, soll das Haus so sauber sein, wie ich es will. Das Essen sollte genau das sein, was ich wollte. Und ihr alle solltet euch so verhalten, wie ich es mir vorstelle. Und wenn ihr das nicht tut, habe ich das Recht…“ „Was glaube ich, wer ich bin?!“ Manchmal werden wir sogar in Momenten wütend, die eigentlich Spass bedeuten sollten. „Es ist nur ein Spiel…“, so sagt man. Aber wenn die Dinge nicht so laufen, wie wir es wollen, und der Schiedsrichter nicht die Entscheidungen trifft, die wir treffen würden, dann schimpfen wir oder stampfen mit den Füßen und murren den ganzen Weg nach Hause.

Was tun wir nur manchmal? Mit unserem Zorn verletzten wir uns selbst und andere. Oft genug zerstören wir den Segen, von welchem Gott will, dass wir ihn haben. Manchmal machen wir anderen Menschen sogar Angst, dass sie sich vor uns am liebsten verstecken wollen. Tun wir also Buße. Legen wir Gott unseren Zorn und unsere Wut vor die Füße. Denn er allein ist unsere Hilfe.

Das ist ja auch die Frage in unserem Text heute. Was wird Jesus mit Johannes und Jakobus tun? Vers 55:

Jesus aber wandte sich um und wies sie zurecht. Und sie gingen in ein andres Dorf.

Seht ihr die Wahrheit und die Gnade in diesem Vers – Gesetz und Evangelium? Jesus weißt seine Jünger zunächst zurecht: „Nein, Jakobus, du kannst kein Feuer vom Himmel auf die Samariter regnen lassen! Und nein, Johannes, wir werden sie nicht abfackeln und ein verbranntes Stück Erde auf der Landkarte Israels zurücklassen.“ Jesus weißt die Donnersöhne zurecht.

Und dann kommt der beste Teil. Im Text heißt es:

Und sie gingen in ein andres Dorf.

Jesus und seine Jünger gingen in ein andres Dorf. Man würde erwarten, dass der Heiland zu den Donnernsöhnen etwas in der Art sagt: „Geht doch einfach Fischen! Ich bin auf einer Mission. Und diese besteht nicht darin, Leute in die Luft zu jagen, sondern sie zu retten!“ Man würde erwarten, dass Jesus etwas in der Richtung sagt. Tut er aber nicht:

Und sie gingen in ein andres Dorf.

Oder mit anderen Worten: Jesus wies Johannes und Jakobus zurecht – aber er warf sie nicht aus dem Jüngerkreis. Er war nicht nur geduldig mit den starrköpfigen Samaritern, sondern auch mit seinen wütenden Jüngern. Sie waren zornig – aber Jesus wählte die Barmherzigkeit.

Und das ist auch die Antwort für uns: Sind wir wütend, dann denken wir an die Barmherzigkeit! Ärgern wir uns; regen wir uns auf; läuft die Arbeit nicht wie gewünscht; stört uns etwas in unseren Beziehungen – denken wir daran, dass Gott langsam zum Zorn ist, geduldig und von großer Güte. Die Tatsache, dass wir immer noch hier sind und kein verbrannter Fleck auf der Landkarte, ist ein Beweis für seine Geduld. Wie oft habt ihr und ich gesündigt? Aber Gott ist langsam zum Zorn. Er hat so viel Mitgefühl und Liebe für uns, dass Jesus sich entschlossen auf den Weg nach Jerusalem machte. Und er ließ sich von niemandem – nicht einmal von den Donnersöhnen – davon abhalten, für euch und für mich zu sterben. Und als ihm das Unrecht der falschen Anklage widerfuhr, ließ Jesus den Hohepriester und den römischen Statthalter nicht niederdonnern. Er war ruhig. Er nahm es hin, damit ihr und ich in die Familie Gottes aufgenommen werden konnten.

Ich mag, wie ein Künstler es dargestellt hat:

Gottes Zorn ist hier als riesiger Feuerball dargestellt, der uns wegen all unserer Sünde verzehren sollte. Aber Jesus ist voller Barmherzigkeit, so dass er sich zwischen uns und das stellt, was wir verdient haben: Gottes ganzer Zorn, seine Rache, seine Strafe – Jesus nahm all das auf sich. Durch das Werk Jesu gibt es nun keinen Zorn Gottes mehr. Und durch den Glauben gehört uns das. Uns gilt Gottes Angesicht, das nicht mit zornig-feurigen Augen auf uns herabblickt, sondern das über uns leuchtet. Er zahlt es uns nicht heim. Wegen Jesus vergibt er uns stattdessen.

Jesus lehrte das auch im Vaterunser. Es gibt Menschen in unserem Leben, die uns verletzen; die schuldig an uns werden. Auch darüber muss geredet werden. Aber zuvor, so lehrte es Jesus, beten wir hinsichtlich unserer Sünde:

Vergib uns unsere Schuld

Beginnen wir mit uns: Gott ist voller Liebe und Barmherzigkeit zu uns. Er vergibt uns jede Sünde, jeden Zorn, jeden Ausraster, jedes Heimzahlen. Und von daher kommend, wissen wir auch, wie wir mit anderen umgehen sollen:

wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

Meine Lieben, ich weiß, wir können Zorn und Wut nicht abstellen, wie man einen Lichtschalter betätigt. Aber das nächste Mal, wenn sie mit den Augen rollt; oder uns jemand mitten im Satz unterbricht – dann denken wir daran: Ich bin genauso. Ich bin derjenige, der nervige, falsche und unangemessene Dinge sagt und tut. Ich bin es. Und doch ist Gott geduldig mit mir, so dass er nicht in Zorn ausbricht. Er mag mich zurechtweisen. Er mag mich zur Umkehr führen. Aber es tut es mit Mitgefühl und mit Liebe. Und vor allem versichert er uns immer wieder der Vergebung.

So war es auch für Johannes und Jakobus. Nachdem Jesus am Kreuz für ihre und unsere Ungeduld, für all den Zorn und die Wut gestorben und am dritten Tage auferstanden war, kehrte er in den Himmel zurück. Bevor er das aber tat, gab er seinen Jüngern einen Auftrag:

Ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien…

Für Johannes bedeutete das, dorthin zurückzukehren, wohin er einst Feuer vom Himmel regnen lassen wollte. Und er tat es. In Apostelgeschichte 8 heißt es:

Als sie nun das Wort des Herrn bezeugt und geredet hatten, kehrten Petrus und Johannes wieder um nach Jerusalem und predigten das Evangelium in vielen Dörfern der Samariter.

Wie gelangt man von „Lass Feuer auf sie regnen“ zur Predigt des Evangeliums? Indem man viel Zeit mit Jesus und seinem Wort verbringt – mit der Vergebung, Liebe und Barmherzigkeit Gottes.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.