Martha

St. Petrigemeinde ZwickauPredigten

Septuagesimä, St. Petri 2022

Liebe Freunde in Christus!

Ist man fleißig, gut organisiert und zuverlässig, ist das eine Gabe Gottes. Und noch mehr: Diese Gabe gewährt uns einen kleinen Einblick, wie Gott selbst ist. Denken wir daran, dass Gott zuverlässig ist. Er improvisiert nicht, wenn es um unser Leben geht. Er wacht nicht morgens auf und schaut dann mal, was passiert. Nein, er hat klare Gedanken über uns und wirkt auf eine solche Weise, dass alles zu unserem Besten dient. Und Gott ist treu. Er macht keine Versprechen, nur um sie dann zu vergessen oder zu beschäftigt dafür zu sein, sie in die Tat umzusetzen. Nein! Erst macht er uns ein Versprechen – und dann arbeitet er die ganze Menschheitsgeschichte hindurch daran, dieses Versprechen zu halten. Wir müssen uns deshalb keine Sorgen machen oder gar Angst haben. Gott ist treu, weil er Gott ist. Und Gott arbeitet hart. Er macht kein Nickerchen. Der Hüter Israels schläft und schlummert nicht. Und er versemmelt die Dinge auch nicht. All das sind Gründe, warum wir Gott lieben. Und manche unter uns gewähren mit ihrer Gabe einen kleinen Einblick, wie Gott selbst ist.

Vielleicht kann man verantwortungsbewusste fleißige Menschen mit den Bändern und Sehnen im menschlichen Körper vergleichen. Wie viele von uns sind heute Morgen aufgewacht und haben gedacht: „Danke, Gott, für meine Bänder und Sehnen!“ Wohl eher die Minderheit. Wir vergessen, dass wir sie haben. Der eine achtet auf seine Figur. Ein anderer findet Bauchmuskeln schön. Aber dass Bänder und Sehnen vorhanden sind, ja, dass wir keinen einzigen Schritt ohne sie tun könnten, vergessen wir leicht. Erst wenn sie reißen oder sich abnutzen und man eine Operation benötigt, merken wir, wie sehr wir von ihnen abhängig sind. Und manche Menschen – manche von euch – ähneln dem. Ist man fleißig, verantwortungsbewusst und verlässlich, ist das ein schöner Funke dessen, wie Gott selbst ist.

Aber… es gibt auch eine dunkle, schattige Seite dieser Gabe. Wie bei jedem Teil unserer Persönlichkeit, der sich zu sehr in den Vordergrund spielt, können fleißige Menschen in Zustände geraten, die Gott überhaupt nicht ähnlich ist. Die Bibel sagt, dass Gott ein Gott der Freude und des Friedens ist. Aber manchmal, wenn man zu viel zu tun hat, bringt die eigene Anwesenheit anderen Menschen weder Freude noch Frieden, sondern Stress und Druck. Und Gott ist ein Gott der Ruhe. Nachdem er die Welt geschaffen hatte, ruhte Gott am siebten Tag. Und er macht uns ebenso das Geschenk der geistlichen und körperlichen Ruhe, weil er uns liebt. Aber manchmal, wenn man zu viel geplant hat und denkt, man schaffe nicht alles, ruht man nicht. Und vielleicht lässt man auch die Menschen in seinem Umfeld nicht zur Ruhe kommen.

Oder mit anderen Worten: Unsere Persönlichkeit ist wie ein tolles Lied im Radio. Stellt euch vor diese Kirche wäre ein großes Auto. Im Radio läuft das Lieblingslied. Klar will man die Lautstärke so hoch wie möglich drehen. Aber nicht so laut, wie es theoretisch möglich wäre. Denn es kommt der Punkt, an dem selbst das schönste Lied anfängt weh zu tun, hört man es zu laut. Die Antwort darauf besteht nun nicht darin, das Lied ganz abzustellen. Die Antwort ist, die richtige Lautstärke zu finden.

Vielleicht ist das ein guter Weg, über das christliche Leben nachzudenken. Gott hat uns alle unterschiedlich geschaffen – mit ganz verschiedenen Gaben und Persönlichkeiten. Und sein Ziel besteht darin, unsere Gaben leuchten zu lassen – aber dabei nicht zu weit zu gehen, so dass wir die Menschen verletzen, die Gott in unser Leben gestellt hat.

Genau darum geht es in einer Begebenheit aus dem Neuen Testament. Im Leben Jesu begegnet uns mehr als einmal eine Frau namens Marta. Marta war eine verlässliche, disziplinierte, fleißige, herzliche und großzügige Frau. Und: Sie kämpfte mit ihren Grenzen, wurde darüber frustriert und nachtragend. Heute werden wir den Moment ihrer Geschichte betrachten, in dem sie auf Jesus traf. Es war der Moment, als die Lautstärke ihrer Gabe zu weit aufgedreht war. Aber wir werden ebenso sehen, wie Jesus ihr hilft; wie er sie liebt. Und wir erkennen in ihrer Geschichte gleichzeitig, wie Jesus uns hilft und liebt.

Unser Predigttext stammt heute Morgen aus dem Lukasevangelium, Kapitel 10, und wir beginnen bei Vers 38. Dort heißt es:

Als Jesus und seine Jünger aber weiterzogen, kam er in ein Dorf. Da war eine Frau mit Namen Marta, die nahm ihn auf.

Marta nahm Jesus in ihr Haus auf. Der Heiland wird diese herzliche Einladung gern gehabt haben. Denn nur wenige Verse vor unserem Text lesen wir davon, wie der Heiland um Aufnahme in einem Dorf der Samariter bat und kategorisch abgewiesen wurde. Sie schlugen im quasi die Tür vor der Nase zu. Die Tatsache, dass Marta ihr Haus für ihn öffnete, muss Jesus also viel bedeutet haben. Marta liebte Jesus. Und sie wusste, dass er wiederum sie liebte. Deshalb wollte sie Jesus ehren, gut zu ihm sein, ihrer Liebe zu ihm Ausdruck verleihen. Nur ging sie an diesem Tag einen Schritt zu weit. Vers 39:

Und Marta hatte eine Schwester, die hieß Maria; die setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seiner Rede zu. Marta aber machte sich viel zu schaffen, ihm zu dienen.

Hier nun lernen wir Martas Schwester Maria kennen. Und es ist sehr auffällig beschrieben: Maria sitzt einfach, während Marta läuft. Maria hört einfach auf das Wort, während Marta nur im Vorübergehen ein paar Worte aufschnappt. Maria empfängt geistliche Nahrung vom Brot des Lebens, während Maria rennt, um sicherzustellen, dass verbrannte Brote niemandes Leben kosten. All die Vorbereitungen! All die Ablenkungen! Ich stelle mir vor, wie der Kessel pfeift und die Vorsuppe umgerührt werden will. Es gibt einfach so viele Dinge zu tun. Der Text sagt es zwar nicht ausdrücklich, aber vermutlich waren auch Jesu Jünger in Martas Haus zu Gast. 12 ausgewachsene Männer. Da braucht es eine ganze Menge Essen, das vorzubereiten werden will. Es gibt so viel zu tun! Und Maria sitzt einfach da. Marta hätte das sicher auch gern getan. Sie hätte sich gern hingesetzt. Einfach nur da sein und Jesus zuhören. Aber der Text sagt:

Marta aber machte sich viel zu schaffen, Jesus zu dienen.

Marta dachte: „Sie muss.“ Lasst uns kurz darüber nachdenken: Musste Marta sich wirklich viel zu schaffen machen? Ich weiß nicht, was auf Martas Speisekarte stand oder wie sauber und hergerichtet das Haus war. Aber als Jesus Christus durch ihre Tür kam, drückte er Marta da eine Liste in die Hand und sagte: „Mache dir viel zu schaffen“? Kam Petrus als Vertreter der Apostel zu ihr und meinte: „Jesus ist auf Tournee. So und so mag er seine Unterkünfte. Ach, und keine grünen M&Ms bitte!“ Ganz offensichtlich nicht! Warum also dachte Marta, dass sie sich viel zu schaffen machen muss? Gab es keine andere Möglichkeit für sie? Und die Antwort lautet: Sie hat es sich eingebildet! Sie hatte zweifelsohne gute Absichten: „Ich werde für Jesus dies und jenes tun. Wäre es nicht schön, wenn es das zum Essen gäbe?! Wäre es nicht toll, wenn das Haus so und so aussähe?! Sie hatte Gedanken, die durchaus gut waren. Aber dann heiratete sie diese Gedanke: „Ich muss mir viel zu schaffen machen.“ Die Liste, die sie erstellt hatte, wurde plötzlich ihr Herr, dem sie gehorchen musste.

Und leider hat die von Martha erstellte Liste sie eine Menge Liebe gekostet. Wir lesen weiter in unserem Text:

Und Marta trat hinzu und sprach: Herr, fragst du nicht danach, dass mich meine Schwester lässt allein dienen? Sage ihr doch, dass sie mir helfen soll!

Marta ist wütend. Könnt ihr sie euch vorstellen in dieser Situation? Sie läuft auf und ab. Sie kocht, erledigt den Abwasch. Und immer wieder beäugt sie dabei ihre Schwester aus dem Augenwinkel und schüttelt dabei innerlich mit dem Kopf. Ich stelle mir vor, wie sie einen Fisch in der Pfanne wendet und dabei immer wieder grummelt – passiv-aggressiv: „Ich arbeite und der Rest von euch nicht…!“

Irgendwann hatte sich genug Wut in ihr aufgestaut: Sie konnte es nicht mehr zurückhalten. Gegenüber Jesus schimpft sie hemmungslos wegen ihrer faulen, egoistischen Schwester, die sie alles allein machen lässt. „Wie kann sie hier nur rumsitzen und nichts tun? Warum steht sie nicht endlich auf und hilft mal ein bisschen! Weiß sie denn nichts von meiner Liste an Dingen, die getan werden müssen!“

Aber noch mehr: Habt ihr mitbekommen, was sie zu Jesus sagt?

Herr, fragst du nicht danach

Denkt über diese Formulierung nach! Da sitzt Jesus. Er ist buchstäblich auf dem Weg zum Kreuz, weil er sehr wohl nach uns Menschen fragt; weil er für Marta und alle Menschen sorgt.

Herr, fragst du nicht danach

Aber Jesus sollte im Himmel sein und nicht in Martas Haus. Und doch sagt sie zu dem Gott, der den Himmel verließ und auf der Erde litt:

Herr, fragst du nicht danach

Die Liste an Dingen, die sie erledigen wollte, verwandelte Marta selbst zu einem goldenen Kalb auf Pergament und Tinte.

So wie Marta kann es auch uns gehen: Wir denken uns eine Liste an Dingen aus, die unbedingt erledigt werden müssen. Und dann hängen wir uns daran. Und wenn andere sich nicht davor verbeugen, es anbeten und gehorchen, werden wir wütend auf sie. Und wir können sogar wütend auf Gott werden. Der Text heute soll uns eine Warnung sein: Wir sollen uns davor hüten, unsere Listen an Dingen, die getan werden müssen, zu sehr zu lieben. Nichts gegen die Liste an und für sich. Wir müssen sie nicht ins Feuer werfen. Unser Text zeigt vielmehr, dass wir uns davor hüten sollen, die zu erledigenden Dinge mehr zu lieben als Menschen oder Gott – dass also aus einem „Es wäre schön, wenn ich es schaffe“ ein „Ich muss viel schaffen und du musst es auch“ wird. „Und ich kann mich nicht eher freuen, bevor Gott nicht sicherstellt, dass alle meine Aufgaben erledigt sind.“

Martas Worte erinnern uns daran, dass wir keine Werke tun müssen, um gerettet zu sein – dass eine To-Do-Liste zu einem Götzen werden kann und zu einer Religion, zu der geschäftige Menschen schon viel zu oft konvertieren. Jesus sagt, dass es einen besseren Weg gibt. Ich meine, was soll er mit einer Frau wie Marta machen? Er kam in ihr Haus, um Freude und Frieden zu bringen. Aber nun ruiniert sie alles mit ihrem Stress und dadurch, dass sie übergriffig wird. In unserem Text sagt der Heiland das Folgende:

Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr: Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe. Eins aber ist Not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.

Liebt ihr nicht Jesus auch? Ich meine, wären wir Jesus und das Gewicht der Sünde einer ganzen Welt läge auf unseren Schultern – wie würden wir reagieren, wenn jemand ankäme und uns so anblafft, wie Marta es tat: „Okay. Reicht. Ich bin raus!“ Vielleicht wären das unsere Worte. Nicht so Jesus. Stattdessen sagt er Martas Namen. Zweimal. Er kennt ihren Namen: „Marta. Marta“. Er schnappt nicht nach ihr. Er lässt sie nicht abblitzen. Sondern er ehrt sie, liebt sie und er fühlt sich in sie hinein:

Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe.

„Ich weiß, wie du dich fühlst“, sagt Jesus damit. „Ich weiß, was dich belastet. Ich verstehe, warum du verärgert bist. Ich weiß um die vielen Dinge, die auf deiner Liste stehen.“

Eins aber ist Not.

„Ich weiß, dass du gern viele Dingen erledigen möchtest. Aber du musst es nicht. In Wahrheit ist nur eine Sache nötig. Es ist das, was Maria gewählt hat. Und auch du, Marta, hast eine Wahl. Du musst das nicht tun. Du könntest dich auch hinsetzen und ausruhen. Du könntest dir durch mein Wort dienen lassen, anstatt herumzulaufen und zu versuchen, allen anderen zu dienen. Du hast die Wahl. Und deine Schwester hat sicher nicht immer recht. Aber dieses Mal hat sie das gute Teil erwählt. Sie hat sich für das entschieden, was besser ist. Das soll nicht von ihr genommen werden. Du bietest ein wunderschönes Haus an, das am Dienstag wieder schmutzig sein wird. Du kochst ein tolles Essen – aber wir werden in vier bis acht Stunden wieder hungrig sein. Was ich dagegen anbiete, wird für immer Bestand haben. Denn die Liebe Gottes währt ewiglich. Sie hört niemals auf!“

Was machen wir nun mit dieser Geschichte? Wie wenden wir sie an – auf unsere Gemeinde, unsere Familie und unseren Terminkalender? Zunächst eine kleine Geschichte darüber, wie die Begebenheit rund um Marta nicht anzuwenden ist: Es war einmal ein kleiner schlauer Junge, der seine Bibel ganz gut kannte. Seine Eltern forderten ihn eines Tages auf: „Junge, heute musst du dein Zimmer aufräumen.“ Der Junge wollte sein Zimmer nicht aufräumen. Ratet, was er tat: Er schnappte sich seine Bibel, setzte sich auf sein Bett und wartete, während alle anderen Familienmitglieder die Wohnung putzten. Als seine Vater in sein Zimmer kam, meinte er zu ihm: „Was machst du da? Warum ist dein Zimmer nicht aufgeräumt?“ Der Junge antwortete: „Vater… Vater… du hast viel Sorge und Mühe. Ich habe das gute Teil erwählt; ; das soll nicht von mir genommen werden.“ … Und wie es von ihm genommen wurde! Die Begebenheit ist nicht Jesu Weg, wie man sich vor Aufgaben und Arbeit drückt. Die Anwendung der Begebenheit ist ein andere. Drei Dinge, die mir dazu in den Sinn gekommen sind:

Erstens: Wir sollten die Liste an Dingen in Frage stellen, von denen wir meinen, wir müssten sie unbedingt erledigen. Das ist ja das zentrale Moment in Martas Geschichte: In ihrer Vorstellung musste sie all das erledigen, was sie tat. Sie fühlte die Verpflichtung. Aber ihre Geschichte zeigt, dass es für uns gut ist, unsere Liste an Dingen zu hinterfragen. Ist man sehr geschäftig, halst man sich vermutlich 40 Prozent zu viel auf. Es bleibt kein Raum, krank zu werden oder dafür, einen schlechten Tag zu haben. Aber das menschliche Herz und der menschliche Verstand brauchen Raum zum Nachdenken, zum Atmen und um Korrekturen vorzunehmen. Unser Terminkalender braucht das auch. Füllen wir ihn nicht bis zum Anschlag, sonst machen wir uns und und andere verrückt. Hinterfragen wir die Dinge, von denen wir meinen, wir müssten sie unbedingt erledigen.

Zweitens: Das gute Teil erwählen. In unserem Text sagte Jesus:

Eins aber ist Not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.

Jesus stellt mit diesen Worten nicht in Frage, dass es gut ist, Essen zuzubereiten oder anderweitig zu dienen. Aber es war in diesem Moment besser, zu Jesu Füßen zu sitzen und ihm zuzuhören. Manchmal fühlt es sich vielleicht so an, als wäre es selbstsüchtig, einfach dazusitzen und zu ruhen. Manchem fällt es schwer, sich um sich selbst zu kümmern, weil man immerzu für andere da sein will. Mit der göttlichen Autorität unseres Textes heute entgegne ich dem: Es ist nicht selbstsüchtig, sich mit Jesus hinzusetzen und zu ruhen. Denn sich die Zeit zu nehmen – selbst wenn man deshalb andere Dinge absagen muss – und mit Jesus, mit seinen Worten, Zeit zu verbringen, ist wichtig für uns. Wir müssen von unseren Werken ruhen, stille werden und dem Heiland lauschen – über sein Wort nachdenken, darüber verweilen, Gott zu uns sprechen und unsere Herzen davon erfüllt sein lassen. Das ist das gute Teil. Das gekochte Mahl wird bald aufgegessen und vergessen sein. Aber Gottes Wort und seine Liebe zu uns währen ewig. Deshalb ist sein Wort das gute Teil.

Drittens: „Es ist vollbracht!“ Geht es darum, gerettet zu sein und in den Himmel zu kommen, ist Jesus nicht am Kreuz gestorben und hat zuvor gesagt: „Der halbe Weg ist gemacht!“ Mit einem seiner letzten Atemzüge rief er am Kreuz hängend aus: „Es ist vollbracht!“ Jesus hat alle Dinge auf der Liste von Gottes Gesetz erledigt – anstelle von uns und für uns. Die Verantwortung, es in den Himmel zu schaffen, lastet daher nicht auf unseren Schultern – weder zu 50 Prozent, noch zu 20 Prozent und auch nicht zu 0,0001 Prozent. Allein aus Gnaden. Allein Jesus. Er tat alles. Wir müssen nichts leisten und könnten es auch gar nicht. Denn nachdem er die erstaunliche Gastfreundschaft Martas genossen hatte, richtete Jesus seinen Blick nach Jerusalem. Er ging den Weg zum Kreuz, damit er sagen konnte:

Es ist vollbracht.

Und nun müssen wir nichts leisten, uns nicht anstrengen, nicht arbeiten und uns auch nicht fragen, ob wir genug für Gott getan haben. Wir dürfen und wir sollen einfach stille sein, von unseren Werken ruhen, die Gnade über uns ergehen lassen und wissen, dass Jesus der Gott ist, der uns gerettet hat. Es ist alles vollbracht. Der Chef mag wollen, dass man mehr arbeitet. Die Kinder können uns auslaugen. Die Freunde erfordern vielleicht ständige Aufmerksamkeit. Nur Jesus macht unseren ruhelosen Herzen dieses erstaunliche Geschenk „Es ist vollbracht!“ – damit wir zu ihm kommen und Ruhe finden.

Einer der deutlichsten Hinweise dafür, ist für mich im Apostolischen Glaubensbekenntnis zu finden – bzw. in der Heiligen Schrift, woraus die Glaubenssätze genommen sind. Im Apostolikum bekennen wir Woche für Woche:

Aufgefahren in den Himmel – Er sitzt zur rechten Gottes, des allmächtigen Vaters.

Jesus steht nicht sondern sitzt zur rechten Gottes, denn unsere Erlösung, unsere Vergebung, unser Platz in der Familie Gottes ist bereits vollbracht. Alles erledigt. Erfüllt. Fertig. Punkt.

Und wenn wir uns Jesus im Himmel an der rechten Seite Gottes vorstellen und wie er auf uns herab lächelt, können wir ihn vielleicht hören: „Es ist in Ordnung. Du darfst auch sitzen. Du kannst deine Gabe einsetzen, die Gott dir gegeben hat. Du kannst deinen Mitmenschen dienen. Aber du darfst und sollst eben auch sitzen und dich ausruhen. Denn du findest Ruhe in Jesus.“

Bei Marta war es ganz ähnlich: Unser Text heute ist nicht das letzte Mal, dass wir in der Heiligen Schrift auf sie treffen. Unmittelbar vor Jesu Tod am Kreuz – in Johannes 12 – begegnen wir Marta erneut. Wieder findet eine Art Festlichkeit statt. Wollt ihr raten, was Marta zu dieser Gelegenheit tat? Hören wir auf die Worte von Johannes:

Sechs Tage vor dem Passafest kam Jesus nach Betanien, wo Lazarus war, den Jesus auferweckt hatte von den Toten. Dort machten sie ihm ein Mahl und Marta diente ihm;

Immer noch nutzt Marta ihre Gabe. Aber dieses Mal geht sie nicht zu weit. Dieses Mal wird sie nicht böse. Sie liebt Jesus einfach mit der wunderbaren Art, mit der er sie ausgestattet hatte. Und sie fand geistliche Ruhe in einem Erlöser, der für sie sterben wird. Und wir dürfen und sollen das auch.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Bild: Von Diego Rodríguez de Silva y Velázquez – 1./2. picasaweb3. gallerix.ru4. National Gallery, London – online collection, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9459265