Invokavit, St. Petri 2022
Liebe Freunde in Christus!
Es ist eine alte Weisheit: Die meisten Kriege werden aus wirtschaftlichen Motiven geführt. Dabei geht es um besonders wertvolle Ressourcen und deren Ausbeutung, um Profite von Unternehmen, besonders der Rüstungsindustrie, bis hin zu Spekulationen am Börsenmarkt. Nun möchte ich heute nicht so sehr über den Krieg sprechen, der uns derzeit sicher alle beschäftigt und vielleicht auch beunruhigt. Ich führte es vor allem deshalb an, weil hinter Kriegen oft die Gier nach Geld, nach Macht und Einfluss steckt.
Und diese Gier ist ja nicht nur etwas, das Staaten und deren Machthaber ergreift. Gier kann jeden Einzelnen von uns betreffen. Und irgendwo ist nachvollziehbar, warum dem so ist: Denn Geld zählt in dieser Welt. Geld ist wichtig. Und deshalb ist auch die Art und Weise von Bedeutung, wie wir mit den Münzen und Scheinen in unseren Portemonnaies und auf unseren Bankkonten umgehen. Es ist relevant, wie wir über Geld denken und welche Überzeugung wir hinsichtlich des Geldes haben.
Denn Geld spielt nicht nur eine Rolle, wenn es darum geht, sich etwas zu kaufen oder wenn man Streß mit Schulden hat. Geld beeinflusst auch die Beziehungen in unserem Leben. Als wir beispielsweise Kinder waren, hat das, was die Mutter, der Vater oder beide über Geld dachten, die Atmosphäre in unserem Zuhause mehr oder weniger stark beeinflusst. Saß man etwa am Abendbrottisch und Gott hatte für das tägliche Brot gesorgt, der Vater fühlte sich aber gestreßt, weil er glaubte, nicht genug Geld zu haben, dann zählte das. Es machte den Unterschied zwischen Streß, Angst und Furcht auf der einen oder Freude und Dankbarkeit gegenüber Gott auf der anderen Seite aus. Und das zählt.
Und Geld zählt auch, wenn es um unsere Beziehung zu Gott geht. Das sehen wir im Leben Jesu: Mindestens zwei seiner Jünger hatten ernsthafte Probleme mit Geld. Der eine war Judas, der für eine Handvoll Silberstücke seinen Herrn und Meister verriet. Um ihn soll es heute aber nicht gehen. Vielmehr richten wir unsren Blick auf den Jünger, der eines der vier Evangelien niederschrieb: Matthäus, auch Levi genannt.
Unser Predigttext stammt heute Morgen aus dem Lukasevangelium, Kapitel 5, und wir beginnen bei Vers 27. Dort heißt es:
Und danach ging Jesus hinaus und sah einen Zöllner mit Namen Levi am Zoll sitzen
Hier treffen wir ihn also: Matthäus bzw. Levi. Wir treffen einen Mann, auf den seine Mitbürger in der Regel herabschauten; einen Mann, der von anderen gemieden wurde. Wir treffen auf einen Menschen, über den hinter vorgehaltener Hand gelästert und der mindestens in Gedanken mit Schimpfworten überzogen wurde.
Denn wir wissen, wie Zolleinnehmer zu Jesu Zeiten betrachtet wurden. Die Römer standen damals an der Spitze der Welt. Sie waren die unangefochtene Supermacht, deren Reich das Mittelmeer umschloss. In der Hauptstadt Rom wurde daher eine ganze Menge Geld benötigt, um die Macht dieses Riesenreiches zu erhalten. Ein Weg, die nötigen Mittel zu erlangen, waren Steuern. Nun ging aber der römische Kaiser nicht von Haustür zu Haustür, um das Geld für sein Imperium einzutreiben. Stattdessen stellte er – über seine Regierungsstruktur – lokale Steuereintreiber ein.
Hier kommen die Zöllner ins Spiel. Sie mussten sich für diesen Job bewerben. Und oft bekam der Meistbietende die Aufgabe übertragen. Er war dann für sein Dorf, seine Stadt oder eine bestimmte Straßenkreuzung zuständig. Dort trieb er das Geld ein. Und natürlich gab es Regeln und Gesetze dafür. Ein Steuereintreiber konnte nicht tun, was er wollte. Aber das Problem bestand darin, dass es – vielleicht wie im modernen Steuerrecht – eine ganze Menge Kleingedrucktes gab – viele Bestimmungen und Vorschriften, die der Durchschnittsbürger schlicht und ergreifend nicht kannte.
Und so war es für Zolleinnehmer ein leichtes, ihre Nächsten auszunutzen. Sie waren Sünder und handelten als solche. Sie verlangten zu viel von den Leuten und bauten sich so ein Leben auf, das von immer mehr Reichtum geprägt war, während ihre Nachbarn ärmer wurden. Und so hasste man Zolleinnehmer wegen ihrer Kollaboration mit den Römern und wegen ihrer Liebe zum Geld . Schließlich waren sie sogar bereit, die Beziehung zu ihren Mitmenschen und zu Gott zu ruinieren, nur um das zu bekommen, was sie am meisten wollten: Geld.
Aber eines Tages – so sagt es unser Text – ging Jesus hinaus und sah einen Zöllner, der an seinem Zoll saß. Und was sagte Jesus zu ihm? Im Text heißt es:
Und danach ging Jesus hinaus und sah einen Zöllner mit Namen Levi am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach!
„Folge mir nach!“ Wie werden die anderen Jünger Jesu reagiert haben, die bereits in dessen Gefolge waren? Hat Petrus vielleicht Einspruch erhoben, nach dem Motto: „Mag ja sein, dass ich ein stolzer Mann bin, der zu viel redet. Aber dieser dort? Das ist etwas ganz anderes. Er ist ein Zolleinnehmer; ein Verräter; der Schlimmste der Schlimmen. Wir kennen Kerle wie ihn. Wir hassen Kerle wie ihn!“ Und doch sagte Jesus zu Matthäus:
Folge mir nach!
Ich mag diese drei kleinen Worte. Jesus lud Matthäus ein, ihm nachzufolgen – und zwar nicht erst, als er bereits seit fünf Jahren von seiner Gier genesen war. Er sah ihn. Er liebte ihn. Er lud ihn ein – als er gerade buchstäblich das tat, was Gott hasst.
Ist das keine gute Nachricht? Befindet man sich gerade in einer sündigen Situation; hatte man vielleicht auf dem Herweg zur Kirche einen Streit mit der Familie und kurz vor dem Eingang versuchte man sich zusammenzureißen, damit keiner der anderen Gemeindeglieder etwas mitbekommt: das ist genau solch ein Matthäus-Moment wie in unserem Text. Ist man voll sündiger Sorge wegen der aktuellen Entwicklungen, weil man vergisst oder kaum glauben kann, dass Jesus alles in seinen liebenden Händen hält, die die Mahlzeichen tragen, die die Nägel des Kreuzes dort hinterließen: das ist genau solch ein Matthäus-Moment. Hat man direkt vor der Kirche auf seinem Handy Dinge angeschaut, die man nicht anschauen sollte: das ist genau solch ein Matthäus-Moment.
Und Jesus sagt in solchen Momenten nicht: „Du bist eine Belastung für mich.“ Er sieht euch und mich inmitten unserer Sünde und bevor wir uns gebessert haben; bevor wir nüchtern die Lage betrachten; bevor wir großzügig sind oder gehorsam oder unser Leben in Ordnung gebracht haben – vor all dem ist Jesus so mitfühlend und liebevolle. Er sieht uns an unserem Zoll sitzen und sagt wie zu Matthäus:
Folge mir nach!
Und was tat Matthäus? Vers 28:
Und Matthäus verließ alles, stand auf und folgte Jesus nach.
Er verließ alles. Mag man bei anderen Jüngern noch denken: „Naja, das ist ja nicht so schwer. Was hatte damals schon ein Fischer? Vielleicht waren sie sogar froh, der Armut auf diese Weise zu entfliehen.“ Aber auf Matthäus traf das nicht zu. Er war das, was wir heute vielleicht einen Investmentbanker nennen würden, oder einen Oligarchen. Er verließ daher eine ganze Menge Geld und Besitztümer. Aber irgendetwas war an Jesus besser, als all das Geld, welches Matthäus mit Sicherheit besaß. Ich weiß nicht, was ihm zu diesem Zeitpunkt über Jesus bekannt war. Aber Gott wirkte in seinem Herzen, so dass Matthäus es wirklich glaubte: Jesus ist es wert. Eine Beziehung zu ihm zu haben, ist so viel mehr wert verglichen mit all dem Geld. Und so verließ der ehemalige Zöllner alles – nicht nur einen Teil – alles! Denn mit Jesus zu sein, war es das wert.
Und was geschah als nächstes? Vers 29:
Und Levi richtete ihm ein großes Mahl zu in seinem Haus, und viele Zöllner und andre saßen mit ihm zu Tisch.
Wir wissen, dass Matthäus auf großem Fuß gelebt haben muss. Nicht nur sind viele Zöllner bei dem Mahl anwesend. Auch andere kommen hinzu. Außerdem ist Jesus da. Die Jünger sind anwesend. Später kommen noch einige Pharisäer hinzu. Und sie alle passten in sein Haus. Matthäus muss also ein großes Gebäude besessen haben.
Aber noch mehr: Er hielt ein großes Mahl in seinem Haus. Niemand war aufgefordert, sein Brot und seinen Fisch selbst mitzubringen. Es gab nicht nur ein paar Appetitanreger oder Snacks. Nein, im Text heißt es: ein großes Mahl. Das muss Matthäus ernsthaft Geld gekostet haben. Und doch tat er es gern. Denn etwas war an diesem Jesus, das ihn großzügig werden ließ.
Allerdings war nicht jeder Gast zufrieden. In unserem Text heißt es weiter:
Und die Pharisäer und ihre Schriftgelehrten murrten und sprachen zu seinen Jüngern: Warum esst und trinkt ihr mit den Zöllnern und Sündern?
Das passt irgendwie, nicht wahr? Die heiligen Kerle sind sehr kritisch und schauen auf andere herab. Jesus dagegen zeigte Liebe und Mitgefühl für verletzte und gebrochene Menschen. Aber die Pharisäer und Schriftgelehrten haben ein Problem damit.
Bevor wir aber über die Verurteilenden in dieser Begebenheiten urteilen, denken wir kurz nach. Denken wir darüber nach, wie sehr Steuereintreiber wie ein Matthäus andere Menschen verletzten. Könnt ihr euch vorstellen, dass eure Familie am Rande des Existenzminimums lebt? Die Kinder hungern vielleicht manchmal, weil es nicht genug zu Essen gibt. Und ständig erhöht ein Zöllner wie Matthäus die Preise und lebt dabei in diesem großen prächtigen Haus an der Ecke. Was würden wir denken? Wie würden wir urteilen?
Und wie würde das heute aussehen? Wie ginge es uns, würden wir Jesus mit dieser oder jener Person sehen? Mit einem Menschen, der andere vielleicht ausbeutet oder gar bedroht? Mit einem Menschen, der nur darauf bedacht ist, sich Vorteile zu verschaffen? Mit einer Person, die einen vielleicht sogar selbst ausgenommen hat wie eine Weihnachtsgans? „Uhh… warum tut Jesus das?!“ Warum sitzt er mit der Frau, die den besten Freund verlassen hat, weil sie jemanden besseren oder jüngeren oder reicheren wollte? Und so log sie, verließ den Freund, riss das Sorgerecht an sich. Und nun sitzt Jesus mit ihr und trinkt einen Kaffee?
Oder stellt euch vor, Jesus begibt sich in die Wohnung eines überführten Sexualstraftäters. Dieser hat nicht nur irgendjemand verletzt, sondern denjenigen, der einem nahesteht – ein unschuldiges Opfer, das wir lieben. Wie würden wir über Jesus denken? Was zu ihm sagen? Stellt euch vor Jesus sitzt an einem 15 Meter langen Tisch einem Mann gegenüber, der derzeit die halbe Welt bedroht? Was würden wir denken? Was sagen? Ich denke, die Pharisäer sprechen an dieser Stelle etwas menschlich-logisches aus, anstelle voreingenommen zu sein. Denn ihre Frage lautet „Warum“?
Warum esst und trinkt ihr mit den Zöllnern und Sündern?
„Jesus, weißt du nicht, was wir über diesen Kerl wissen? Kennst du nicht die Menschen, die er beraubt und bestohlen hat? Er hat Gebote gebrochen. Er hat jede Brücke abgebrochen, nur um sich zu bereichern. Und jetzt kommst du und isst in seinem Haus? Interessiert dich das alles gar nicht?“
Jesu Antwort auf die Gedanken der Pharisäer ist brillant. Denkt man ein wenig darüber nach, erkennt man, dass die Pharisäer Jesus gewissermaßen in eine Zwickmühle gebracht haben. Würde er zu den Pharisäern sagen, dass sie richtig liegen; dass Matthäus ein Mistkerl ist, der Menschen verletzt und ausnimmt; und würde er deshalb dessen Festmahl verlassen – wie könnte er da echten Sündern helfen? Bleibt er dagegen bei Matthäus und würde etwas in der Art sagen wie: „Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“ – was würde er damit gleichzeitig zu den Opfern des Matthäus sagen?
Wie also antwortet Jesus und löst die Zwickmühle auf? Die Verse 31 und 32:
Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten.
Die Antwort Jesu ist brillant. Er sagt: „Stimmt, liebe Pharisäer, ihr liegt richtig. Matthäus ist ein Kranker. Und all die Zöllner und anderen, mit denen ich hier saß und aß, sie alle sind ebenfalls krank. Die Art und Weise, wie sie Geld lieben und was sie hinsichtlich des Geldes glauben, ist krank in den Augen Gottes. Es ist so schlimm wie eine Krankheit, die tödlich verläuft. Aber wo würdet ihr einen Arzt erwarten, Pharisäer? Wärt ihr schockiert, würde er euch im Krankenhaus begegnen? Würdet ihr euch aufregen, fändet ihr ihn am Bett eines Schwerkranken? Denkt ihr, ein Arzt würde Hausbesuche bei Gesunden machen? Nein. Einen Arzt und einen Kranken sieht man immer zusammen. Würdet ihr also nicht ebenso erwarten, dass ein Retter bei Sündern zu finden ist? Was denkt ihr, warum ich hier bin? Diese Leute sind krank. Sie verpassen das Reich Gottes, eine Beziehung zu Gott, wegen der Art wie sie Geld lieben. Was wollte ihr Pharisäer also von mir? Wollt ihr, dass ich mich zurückhalte, so dass sie in ihren Sünden sterben und zur Hölle fahren? Denn ich sage euch, das wäre krank.
Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten.
Jesus packt so viel Hartes und so viel Zartes in einen einzigen Satz. Man könnte es folgendermaßen zusammenfassen: Gier ist eine Krankheit, die Jesus heilen kann.
Und was bedeutet das für uns heute? Das Römische Reich ist längst Geschichte. Zolleinnehmer gibt es in der Form nicht mehr. Und doch existiert das grundlegende Problem bis heute. Und deshalb müssen wir darüber reden. Ob man Geld nun dazu verwendet, um Gott zu lieben oder Gott benutzt, um Geld zu lieben – Besitz und Geld sind ein ziemlich fundamentales Thema.
Darf ich euch einige Fragen stellen? Können wir eine kleine Untersuchung machen? Gibt es irgendwelche Symptome, die auf eine Krankheit in unserem Herzen deuten könnten? Haben wir beispielsweise jemals eine moralische Grenze überschritten, nur um etwas mehr Geld zu bekommen? Haben wir uns je in bar und ohne Rechnung bezahlen lassen, weil man sonst ein wenig ans Finanzamt abgeben müsste? Hat man je falsche Angaben gemacht, nur um ein wenig Geld zu sparen? War man im Museum oder im Zoo und hat seine Kinder jünger gemacht, nur um nicht den vollen Preis für sie bezahlen zu müssen? Für ein paar Euro lügen wir andere an – vor unseren Kindern. Haben wir je das Geld unserer Firma gestohlen, weil wir nicht arbeiteten, während wir auf Arbeit waren? Hing jemals unsere Zufriedenheit davon ab, wie hoch die Summe auf unserem Bankkonto war? Hing unser Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit davon ab, wie die wirtschaftliche oder politische Lage aussieht?
Meine Lieben, oft genug setzen wir uns Versuchungen aus, nur um etwas mehr Geld zu haben oder zu sparen. Sündigen ihr und ich aber um des Geldes willen, sind wir nicht anders als ein Matthäus oder ein Judas. Die Frage lautet wohl oft nicht, ob wir Gott verraten, sondern für wie viel.
Aber noch mehr Fragen kommen mir in den Sinn: Geben wir großzügig, weil wir Gott dankbar sind? Wenn Gott uns Geld in die Hände legt – egal, ob es ein paar Euro aus einem Nebenjob sind oder das Gehalt einer Vollzeitstelle: Was tun wir da? Danken Gott, dass er uns diesen Job, diese Fähigkeit, diese Gelegenheit, dieses Geschenk, diese Erbschaft, diesen Bonus oder diese Steuerrückzahlung gegeben hat? Fragen wir uns, wie wir uns bei Gott dafür bedanken können? Denken wir so über Geld, dass wir den Armen geben, wie Jesus die Armen liebte? Oder dass wir dabei helfen, dass das Evangelium verbreitet wird?
Oder sind wir wie viele andere Menschen auch – wie 35 Prozent der abendmahlsberechtigten Glieder dieser Gemeinde – und geben nichts? Nichts. „Ich nicht. Noch nicht. Nicht bis ich das Telefon habe; die Ausbildung beendet ist; ich diese oder jene Rechnung bezahlen kann oder so und so viel Geld im Monat verdiene.“ Gott hat uns buchstäblich in eine der wohlhabendsten Kulturen der Menschheitsgeschichte gestellt und wir denken dennoch „Ich nicht. Noch nicht.“?
Und noch mehr: Wisst ihr, wer laut Jesus in seinen Tagen das Geld am meisten liebte? Die Leute, die ständig den Zehnten gaben. Die Pharisäer pflückten sogar die Kräuter aus ihrem Garten und gaben davon 10 Prozent an Gott. Und doch sagte Jesus, dass ihre Herzen von der Liebe zum Geld erfüllt waren, weil sie eine Show aus ihrer Gebefreudigkeit machten. Sie wollten gesehen werden und sich einen Namen machen.
Und so mögen auch wir Kollekte geben oder Geld an eine Wohltätigkeitsorganisation spenden, Jesus würde dennoch sagen: „Seid vorsichtig!“ Lieben wir Geld so sehr, dass wir uns zu viele Gedanken darüber machen? Erhört Gott das Gebet um das tägliche Brot – aber man will kein tägliches Brot, sondern einen 10-Jahres-Plan? Jesus sagt, dass wir vorsichtig sein müssen. Gott ist gut zu uns. Er versorgt uns auf so viele Arten und Weisen. Aber lieben wir seine Gaben zu sehr, kann unsere Beziehung zu Gott darunter leiden.
Meine Lieben, das wäre es nicht wert. Das erzählt uns auch unsere heutige Begebenheit. Viele Menschen damals und heute glauben, dass Glück und Freunde am lieben Geld hingen. Und deshalb ignoriert man allzu oft, was die Bibel über Geld sagt und versucht, mehr Geld zu haben, zu sparen und auszugeben. Aber Jesus sagt: „Das ist es nicht wert. Ich sage die, was etwas wert ist“:
Folge mir nach!
„Und ich werde dir ein Leben zeigen, das man wahrhaft Leben nennen kann.“
Wie hatte es Jesus in unserem Text heute formuliert?
Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten.
Fühlen wir die Symptome der Krankheit namens Gier: Jesus kommt zu uns. Vor 2.000 Jahren kam er nicht auf diese Erde, um gesunde Menschen noch gesünder zu machen. Er kam auch nicht, um Silbermedaillengewinner endlich zu Gold zu verhelfen. Er kam, um die Menschen zu finden und zu befreien, die hinter den Gitterstäben ihres eigenen Zollstandes festsaßen. Und so sagt es Jesus heute auch zu euch und zu mir:
Folge mir nach!
So wie zu Matthäus in unserem Text heute. „Folge mir nach! Ich gehe zu einem Kreuz, an dem ich für all die Male sterbe, in denen du Geld zu sehr geliebt hast – für all die Gebühren, die du gehortet hast, anstelle sie in Dankbarkeit an Gott zu verschenken. Folge mir nach und ich zeige dir einen besseren Weg. Sieh zu, wie ich den ultimativen Preis zahle, um dir und allen Menschen die Reichtümer des Himmels zu schenken. Schau, wie ich mein Blut vergieße, um dir und allen Menschen ein Platz am Tisch des größten Festes der Menschheitsgeschichte zu erkaufen. Folge mir, Matthäus, und ich zeige dir einen besseren Weg.“
Und Matthäus tat es. Den Rest seines Lebens verbrachte er damit, dass Evangelium zu verkündigen.Er schrieb nicht nur eines der vier Evangelien. Der alten Kirche nach verschlug es ihn bis nach Äthiopien, Mesopotamien und Persien, wo er als Missionar wirkte und von den Schätzen des Himmels erzählte. Schätze, die wir nicht erwerben müssen; die wir nicht mit unseren Leistungen erringen können; Schätze, die Gott uns einfach aus Gnade und Liebe gibt.
Und so sagt es Jesus auch zu uns: Wollen wir etwas Besseres; Reichtümer, die diese Welt nicht geben kann; wollen wir uns keine Sorgen mehr wegen Geld machen; wollen wir eine Beziehung zu Gott – Jesus sagt uns:
Folge mir nach!
Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten.
Ich mag diesen Vers sehr. Manche Leute verleumden ja Kirchen wie unsere mit Worten wir diesen: „Ja, die Kirche ist nur für die guten, anständigen Menschen – für die, die sich für etwas besseres halten.“ Nope! Unser Küster steht nicht an der Tür und prüft Moralvorstellungen. Stattdessen macht er die Türen weit auf. Denn das hier ist nicht die Ruhmeshalle der Heiligkeit. Das hier ist ein Krankenhaus. Sonntag für Sonntag kommen wir hier herein und Gott schneidet uns auf und nimmt den Krebs heraus. Und er liebt uns, er heilt uns, er vergibt und rettet uns. Und er verändert uns so, dass wir – wenn sich diese Türen wieder hinter uns schließen – anders sein und handeln wollen.
Das wollen wir also immer festhalten: Wir brauchen kein Jahr der Enthaltsamkeit von Gier, damit Jesus uns liebt. Er liebt uns jetzt schon. Wir müssen ihm auch nicht auf unserer nächsten Steuererklärung beweisen, wie viel wie gegeben haben, damit er uns vergibt und rettet. Er vergibt und rettet uns jetzt und hier – allein aus Gnaden. Wir müssen nicht erst besser werden, damit er uns segnen kann. Er will uns jetzt und hier segnen. Deshalb ist er für uns gestorben. Deshalb hat er für uns den Tod besiegt. Deshalb hält er einen Platz im Himmel für uns bereit.
Das alles erinnert mich an Zachäus, den vielleicht bekanntesten Steuereintreiber der Heiligen Schrift. Matthäus würde bald nach der Begebenheit aus unserem heutigen Text auf ihn treffen – kurz bevor Jesus ans Kreuz ging, in Lukas 19. Zachäus war klein, sehr reich und ebenso unbeliebt. Denn er war kein normaler Zolleinnehmer. Er war in gehobener Stellung – an einer der wichtigsten Kreuzungen im alten Israel. Er muss daher tonnenweise Geld besessen haben. Und die Leute hassten ihn dafür.
Aber Jesus? Jesus liebte Zachäus. Er sah ihn, kam zu ihm – ganz ähnlich, wie bei Matthäus:
Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren. Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden. Als sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt. Zachäus aber trat vor den Herrn und sprach: Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen.
Die Hälfte seines Besitzes! Jesus hatte nicht verlangt, dass er das tut. Aber er wollte es. Das Evangelium hatte seinen Sinn verändert. Und Zachäus war noch nicht fertig:
und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück. Jesus aber sprach zu ihm: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn auch er ist Abrahams Sohn. Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.
Meine Lieben, erkennen wir, wie krank unsere Sünde ist, und erkennen wir dann, dass Jesus mit Barmherzigkeit zu uns kommt, um uns zu heilen, dann gibt es nur eine logische Antwort: „Siehe, Herr, ich gebe, weil ich weiß, wie viel du mir zuerst gegeben hast.“
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Bild: Von Michelangelo Merisi da Caravaggio – photo of art work made by Paul Hermans. Aufgenommen am 10. Januar 2011, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19369688